Boykott in der Spitzengastronomie
15. Januar 2019Boykott in der Spitzengastronomie
Immer weniger Sterneköche sind bereit, sich dem ständigen Druck der Sterneküche zu unterwerfen. Auf der Suche nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance interpretieren sie ihre Arbeit als Küchenchef neu. Sternekoch Matthias Diether ging nach Estland und hat mit neuer Konzeption wieder Spaß am Kochen. Die Erfurterin Maria Groß machte sich mit einem Restaurant selbstständig. Sternekoch Matthias Diether hatte nach sechs Jahren im Gourmet-Restaurant „First Floor“ im Palace Hotel Berlin und dem vergeblichen Kampf um einen zweiten Michelin Stern genug vom Korsett der Sterne-Prämierung und suchte Hals über Kopf das Weite. Diether wollte seinem Leben und seiner Arbeit einen „neuen Sinn“ geben und ging nach Estland. Dort leitet er seit zwei Jahren das „Alexander Chef`s Table“ in Tallinn und hat wieder Spaß am Kochen. Das Konzept ist „Casual Fine Dining“, weniger steif, weniger abgehoben.
Die Küchen-Brigade serviert selbst, unterhält die Gäste und kocht einfach, als wenn 20 Freunde eingeladen wären. Der große Erfolg gibt Diether Recht. Inzwischen plant er ein eigenes Restaurant in Tallinn. Auch Ostdeutschlands erste Sterneköchin, die Erfurterin Maria Groß, hatte genug von den Arbeitsbedingungen und der Hierarchie in der Spitzengastronomie. Auf der Suche nach einem Kompromiss zwischen Sternewelt, regionaler heimischer Identität und eigener Philosophie übernahm Groß das Restaurant „Bachstelze“ in Erfurt. Sie kocht in der Küche alleine und entscheidet selbst, was auf den Teller kommt. Groß setzt nicht auf überspitzte Gourmetküche, sondern auf Street Food. Nachhaltigkeit und Regionalität der Lebensmittel sind die Bausteine ihrer Philosophie. Die junge Generation der Spitzenköche interpretiert ihren Job neu, ohne sich automatisch dem Sternediktat von Michelin zu unterwerfen, bei gleichzeitiger Suche nach alternativen Wegen, eine perfekte Work-Life Balance zu finden. Häufig mit Erfolg. Reportage (D 2018, 30 Min)
Textquelle: arte